Chronik
Die Geschichte des Vereins

» von Helmut Mootz anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Vereins 2001

Der Borgardshof geriet ins Gerede und wurde zum Prüfstein einer künftigen Entwicklung. Der Hof konnte auf eine über 400-jährige Geschichte verweisen. Er wurde bereits um 1600 urkundlich erwähnt.

Doch der Spar- und Bauverein Friemersheim hatte Zukunftsvisionen und Baupläne, in denen der Bauernhof nicht mehr vorkam, sondern einer Bungalowsiedlung weichen sollte. Das brachte Friemersheims Traditionalisten auf die sprichwörtliche Palme (Eiche). Man forderte den Erhalt des Hofes und die mögliche Nutzung als Heimatmuseum Borgardshof. Anfang März 1976 erklärten sich 14 Rheinhausener Bürger spontan bereit, bei der Verwirklichung des Gedankens verantwortlich mitzuwirken. Sie gründeten die Bürgerinitiative Borgardshof.







Heinz Hamann †
  

Die Vorstellungen über die Nutzung des alten Gemäuers waren hoch gesteckt: Es sollte Begegnungstätte werden, Ort für Heimatabende, eine gute Stube für alle Bürger, ein Heimatmuseum. Auch der damalige Oberbürgermeister von Duisburg, Josef Krings, zeigte sich bereit, diesen kulturellen Gedanken zu fördern. Um ihrem Wirken einen rechtlich gesicherten Rahmen zu geben, wurde die Gründung eines gerichtlich eingetragenen Vereins ins Auge gefasst. Am Sonntag, dem 23. Mai 1976, trafen sich etwa 30 Personen, um die angekündigte Vereinigung zu gründen. Heinz Hamann wurde zum Vorsitzenden gewählt. Weitere Vorstandsmitglieder waren Gerlinde Trilsbach, Doris Ricken, Lothar Würsig und Hans Gerd Dohmen.


Gerlinde Trilsbach †


Unpolitisch, aber mit Nachdruck wolle man daran gehen, dem gesichtslosen Stadtteil Rheinhausen (die kommunale Neuordnung hatte zwischenzeitlich die Stadt Rheinhausen zu einem Ortsteil von Duisburg gemacht) die eigene Geschichte bewusst zu machen.
Im September 1976 erfolgte die Eintragung ins Vereinsregister beim Amtsgericht Moers und im August 1977 die Anerkennung als gemeinnütziger Verein durch das Finanzamt Moers. Am 2. Juli 1977 traf es den jungen Verein wie ein Keulenschlag, als er den plötzlichen Tod des Vorsitzenden Hamann zur Kenntnis nehmen musste. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am 29. August 1977 wurde Klaus de Jong zum neuen Vorsitzenden gewählt.
Alle Vereinsaktivitäten im Hinblick auf die Erhaltung des Borgardshofes blieben indes erfolglos. Quasi über Nacht kamen die Bagger und legten das ehrwürdige Gemäuer am 1. Juli 1976 nieder und Friemersheim war um eine Hoffnung ärmer. Neue Hoffnung tat sich in dem alten Lehrerhaus auf, das, um 1800 als Küsterhaus gebaut, auch der Dorfjugend bis 1958 als Schule diente. Im Februar 1977 wurde öffentlich über Friemersheim - Dorf und das Rheinvorland debattiert. Ein Punkt war das Gerücht, dass das alte, unter Denkmalschutz stehende Lehrerhaus abgerissen werden sollte. In der Folge setzte sich der Verein vehement für die Erhaltung des Hauses ein. Am 1. August 1977 wurde der einstimmig von der Rheinhausener Bezirksvertretung gefasste Beschluss, die Parterrewohnung im Lehrerhaus dem Verein zur Verfügung zu stellen, auch vom Rat der Stadt Duisburg gebilligt. Doch erst Ende August 1979, nach endlosen Debatten über die Nutzung des Hauses wurde mit den Restaurierungs-arbeiten begonnen. Aber auch die fanden im Vorstand kein allgemeines Wohlwollen. Die baulichen Veränderungen hätten die Substanz des denkmalwerten Hauses stark beeinträchtigt. „Das Lehrerhaus stelle nicht mehr dar, was es darstellen solle", so hieß es. Auch über die Nutzung der Räume kommt es zu Diskrepanzen, ja zu Zerwürfnissen. Ungeachtet der aus damaliger Sicht begründeten Querelen ging die übrige Vereinsarbeit unverdrossen weiter: Man tanzte in den Mai, besuchte Ausstellungen, historische Städte und Stätten, Museen, Landschaften und Burgen. Bei gemütlichen „Klön"-Abenden aß man Martinsgans, trank Glühwein und Rheingold-Alt, verzehrte Ostereier und hörte Vorträge - oft in Grafschafter Mundart. Die Mitgliederzahl war auf rund 250 geklettert. Aletta Eßer und Klaus de Jong gaben interessante Bildbände über Rheinhausen heraus und der Grafiker Jochen Schulze gestaltete Teller, Wandkacheln und Grafiken mit Friemersheimer Motiven, die - preiswert verkauft - die Vereinskasse etwas aufmöbelten. Am 24. April 1983 war dann der große Tag: Das Lehrerhaus wurde feierlich mit viel Prominenz und unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit eröffnet und präsentierte sich mit Grafschafter Heimatstube, Diele und Küche der staunenden Besucherschar. Ein Raum - das heutige Schlafzimmer - wurde dem „MGV Frohsinn", der sich gleichfalls stark für den Erhalt des Hauses engagiert hatte, zur Darstellung seiner Vereinstätigkeit überlassen.

Doch die Anstrengung zur Einrichtung des neuen Vereinsdomizils hatte den Verein Kräfte gekostet. Auf der Jahreshauptversammlung am 3. März 1983 legte Klaus de Jong nach fünfjähriger Amtszeit seinen Vorsitz nieder. Seinen unbestreitbaren Verdienst um den Verein dankte dieser ihm mit der Verleihung der Würde eines Ehrenvorsitzenden. Zum neuen Vorsitzenden wählte die Versammlung Hans Gerd Dohmen.
Unter seiner Leitung schlug der Verein eine neue Richtung ein. Mit der Fertigstellung des Lehrerhauses trat das Vereinsleben mehr in den Mittelpunkt des Geschehens. 1984 legte Helmut Mootz das erste Jahrbuch vor, für das der Freundeskreis die Aufgabe des Herausgebers übernahm und das unter Mithilfe benachbarter Heimatvereine zu einem Markenzeichen heimatlichen Brauchtums und der Kulturpflege wurde.


Gerd Dohmen †

Dass der Verein nach wie vor zu großer Leistung fähig war, bewies er auch mit dem ersten großen Heimatabend am 26. Oktober 1985 in der Rheinhausen- Halle, bei der er sich repräsentativ in Szene setzen konnte. Einen regelrechten „Kraftakt" vollführte er am 27./ 28. September 1986 mit der Ausrichtung eines zweitägigen Dorffestes anlässlich des 10-jährigen Vereinsbestehens. Über 10.000 Besucher knubbelten sich auf dem Dorfplatz. Das Friemersheimer Dorffest wurde richtungsweisend für die Ausrichtung vieler Dorf- und Straßenfeste der näheren und weiteren Umgebung. Es war die Sorge, die alte Muttersprache – das Grafschafter Platt - könne gänzlich verloren gehen, die den Verein Ende 1989 einen Mundartwettbewerb für Schüler ins Leben rufen ließ. Mit großer Begeisterung griffen die Schulen und Schüler die Idee auf und brachten bei Lesefesten „köstliche Platt - Vorträge" aus Kindermund zu Tage. Die Aufmerksamkeit war so groß, dass unter Beteiligung des Chores „Concordia" sogar eine Mundart - Kassette produziert wurde. Das Lehrerhaus lockte begeisterte Besucher zu Hunderten an. Sie brachten wertvolle Einrichtungsgegenstände als Geschenke mit, die das Haus zu einem kleinen heimatkundlichen Museum heranwachsen ließen. Das Augenmerk der Verantwortungsträger in der Politik, im Bereich des Naturschutzes und der Kultur richtete sich zunehmend auf das Geschehen in Friemersheim - Dorf. Das Rheinvorland wurde unter Naturschutz gestellt und der Dorfkern unter Denkmalschutz. Am 24.11.1990 informierte sich gar der NRW - Minister Klaus Matthiesen bei einem Besuch im Lehrerhaus über das Geschehen in Friemersheim. Vom Geschehen in und um das Lehrerhaus herum war er so begeistert, dass er jedwede mögliche Unterstützung zusagte.

Da traf am 14. Juni 1990 mit dem tragischen Verkehrstod von Aletta Eßer den Verein ein weiterer, harter Schlag.
Oberbürgermeister Krings höchstpersönlich erinnerte bei der Trauerfeier in der Oestrumer Friedenskirche an das segensreiche Wirken von Aletta Eßer. Damit nicht genug, musste der Verein nur wenige Monate später, am 21. März 1991, auch seinen Vorsitzenden Hans Gerd Dohmen zu Grabe tragen. Mit Herzblut hatte Hans Gerd Dohmen seinen Freundeskreis durch manche Klippen geschifft und über viele Höhen geführt.

Um die Schwere der Krankheit von Hans Gerd Dohmen wissend, wählte der Verein auf der Jahreshauptversammlung 1991 Günter Pfeiffer zum neuen Vorsitzenden. Unter seiner Leitung entwickelte der Verein neue Initiativen.


Aletta Esser †

Um die Jugend für das heimatliche Umfeld zu sensibilisieren, wurde eine Bilder-Suchfahrt „Kennst Du Deine Heimat?" organisiert. Den Plattsprechern wurde mit einem monatlich stattfindenden Plattfrühschoppen ein Gesprächsforum geboten. Am alljährlich wiederkehrenden „Tag des Denkmals" beteiligte sich der Verein mit mundartlichen Vorträgen und Führungen durch das Dorf. Der Abschluss der Sanierung des Dorfkerns, wobei der alte Dorfbrunnen auf dem Schulhof wieder entdeckt wurde, gab Veranlassung, am 27. / 28. Juni 1992 das Ereignis mit einem weiteren Dorffest zu feiern, das wiederum Tausende von Besuchern anlockte. Großen Erfolg erzielte der Verein mit seiner Beteiligung am Landeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden" 1993. Mit einer silbernen Plakette ging das Dorf aus diesem Wettbewerb hervor. Die Arbeit im Lehrerhaus wurde zusätzlich von der NRW - Stiftung mit einem Sonderpreis gewürdigt. Am 21. November 1994 gelang es, Hanns Dieter Hüsch zu einem Vortrag in der Dorfkirche zu gewinnen. 1995 fand im Bezirksamt Rheinhausen eine vom Verein gestaltete, viel beachtete Ausstellung „Vom Bauernstand zum Industriestandort" statt. Die Arbeit des Vereins wurde in zunehmendem Maße anerkannt und öffentlich gewürdigt. In wichtigen kommunalpolitischen Fragen, die das Dorf betreffen, wird der Verein als kompetenter Gesprächspartner akzeptiert. Auf zahlreichen Veranstaltungen - seien es Mühlenfeste, Weihnachtsmärkte, Dorffeste oder Straßenpartys - ist das Mitwirken des Freundeskreises im Trachtenlook und mit Fisternöllekes - Ausschank eine gesuchte Attraktion. Das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder fand Anerkennung in der mehrfachen Auszeichnung von Mitgliedern mit dem „Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland" und des „Rheinlandtaler" des Landschaftsverbandes Rheinland. Am 25. Mai 1996 bestand der Verein 20 Jahre und das wurde unter Beteiligung vieler Friemersheimer Vereine und Gesellschaften - wie nicht anders zu erwarten - wieder mit einem zünftigen Dorffest gefeiert. Rund 40 Stände mit vielerlei bunten Angeboten, ein lebhaftes Bühnenprogramm und viele heimatliche Leckereien unterhielten die Bürgerinnen und Bürger. Seit 1997 vergibt der Verein an Bürger und Institutionen, die sich um das Dorf Friemersheim verdient und den Namen Friemersheim weithin bekannt gemacht haben, den „Friemersheimer Hahn". Erster Preisträger war Josef Krings, der mit seiner Persönlichkeit über das Maß seiner politischen Aufgabenstellung hinaus die Vorhaben des Vereins gehaltvoll unterstützt hat. Die intensive Vereinsarbeit sprengte zunehmend die Räumlichkeiten des Lehrerhauses. So wurde die schon unter der Leitung von Hans Gerd Dohmen erhobene Forderung, die zwei zum Lehrerhauskomplex gehörenden Klassenräume, die von der Luftsportgemeinschaft Rheinhausens als Werkstatt genutzt wurden, in das Lehrerhaus - Ensemble zu integrieren, verstärkt betrieben. In zäher Hartnäckigkeit und durch überzeugende Arbeit gelang es dem Freundeskreis schließlich, die Verantwortungsträger von einer sinnvollen Vereinigung des Hauses unter der Verantwortung des Freundeskreises zu überzeugen. In einem kleinen Festakt wurde die Erweiterung des Lehrerhauses am 24.11.1999 gebührend gefeiert. Durch ein großzügiges Verkaufsangebot antiker Möbel konnte ein Klassenraum zu einem Kulturraum eingerichtet werden, welcher der Vortragstätigkeit des Vereins dienen soll. Der weitere Raum konnte mit Schulmöbeln aus den 20er- und 30er Jahren ausgestattet werden und dient nun zahlreichen Schulklassen als Erlebnisstätte mit Unterricht wie zu Opas Zeiten, in der Schiefertafeln und Griffel ebenso wie der Rohrstock noch eine wichtige Rolle spielten.

Im Jahre 1999 konnte das Dorf Friemersheim auf eine 1200-jährige, urkundlich bestätigte Existenz zurückblicken. Natürlich war der Freundeskreis bei der Gestaltung der aus diesem Anlass vorgesehenen Feierlichkeiten stark eingebunden. Rund um das Lehrerhaus, auf dem Kirchplatz und auf den Dorfstraßen fand ein Handwerker- und Bauernmarkt statt, der wiederum Tausende Besucher aus Nah und Fern anlockte. Selbst Ministerpräsident Wolfgang Clement ließ es sich nicht nehmen, diesen Festreigen zu eröffnen und sich bei dieser Gelegenheit ins Gästebuch des Vereins einzutragen. Er war von den gebotenen Aktivitäten voll des Lobes. Diese lobende Anerkennung von höchster Warte wird der Freundeskreis auch als Aufforderung sehen, seine für das Dorf wertvolle Kulturarbeit fortzuführen. Der Vorstand ist sich sicher, dass ihm dies mit der Zustimmung von heute rund 450 Mitgliedern zum Wohle aller Friemersheimer Bürgerinnen und Bürger gelingen wird.


Ministerpräsident Wolfgang Clement